Rechtsberatung & Risikomanagement
für Unternehmer, KMU und Startups

Veröffentlicht am 7. März 2019

Notfallplan für die Geschäftsfortführung von KMU

Was geschieht, wenn der Geschäftsinhaber oder eine andere Schlüsselperson einer KMU wegen eines Unfalls oder einer Krankheit dauernd oder vorübergehend urteilsunfähig wird? Ein notfall- oder unplanmässiger Ausfall des Geschäftsinhabers oder einer Schlüsselperson kann nicht nur den Fortbestand einer Unternehmung in Frage stellen, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf das persönliche oder das Familienvermögen zeitigen. Der Unternehmer ist daher gut beraten, für diesen Fall mit einem Notfallkonzept bestehend aus einem Notfallplan und einem Vorsorgeauftrag vorzusorgen.

I. Ausgangslage

Es ist eine Tatsache, dass sich niemand mit der eigenen Verletzlichkeit (von der eigenen Vergänglichkeit ganz zu schweigen) gerne auseinandersetzt. Es ist ebenso unbestreitbar, dass das Tagesgeschäft diese Auseinandersetzung oft verdrängt. Erfahrungsgemäss ist die Folge davon, dass bei Notfallsituationen oftmals folgende (nicht abschliessend aufgezählte) ungelöste Sachverhalte und Probleme auftauchen:

  • Löhne, Lieferanten- und sonstigen Kreditorenrechnungen können wegen fehlender Bankberechtigungen und Vollmachten nicht bezahlt werden. Das kann zur betreibungs- oder konkursrechtlichen Auflösung der Unternehmung führen.
  •  Administrative Prozesse und Arbeitsprozesse kommen zum Erliegen, weil diese nicht dokumentiert sind und/oder der Zugang zur IKT (Benutzer- und Passwörter, Benutzerrechte) nicht geregelt und dokumentiert ist.
  •  Niemand kann die Unternehmung nach aussen vertreten, weil nur eine Person (der Geschäftsinhaber) im Handelsregister als zeichnungsberechtigt eingetragen ist und/oder die Stellvertretung nicht geregelt wurde. Dies kann die amtliche Liquidation und Löschung der Unternehmung wegen Organisationsmangel zur Folge haben.
  • Die Unternehmung wird infolge fehlender Regelung bei Urteilsunfähigkeit beziehungsweise infolge fehlendem Vorsorgeauftrag des Unternehmensinhabers handlungsunfähig. Auch das kann die amtliche Liquidation und Löschung der Unternehmung infolge Organisationsmangels zur Folge haben.

Das muss (und darf) nicht sein, denn der Fortbestand einer Unternehmung kann mit einem Notfallplan und dazu gehörigem Vorsorgeauftrag geregelt werden.

II. Notfallplan

Ein Notfallplan bezweckt die Fortführung des Unternehmens in Krisensituationen wie beim ungeplanten, plötzlichen Ausfall des Geschäftsinhabers infolge unfall- oder krankheitsbedingten Eintritts der Urteilsunfähigkeit. Er enthält den individuellen Bedürfnissen angepasste Anweisungen, Prozesse und die wichtigsten Informationen über:

  • wer, was bei Eintritt eines Notfalls zu tun hat;
  •  wer die Geschäftsführung übernimmt;
  • wo wichtige Akten, Daten (inkl. Benutzer- und Passwörter sowie Berechtigungen) und Gegenstände (Schlüssel, Badges usw.) hinterlegt bzw. gespeichert sind. Darunter gehört zwingend auch der Vorsorgeauftrag des Unternehmers;
  • die Kontaktdaten zumindest der wichtigsten Schlüssellieferanten und -kunden;
  • und die Kontaktdaten von Partnerunternehmungen.

Ein Notfallplan ist hinsichtlich des Fortbestands einer Unternehmung nur so gut und zweckmässig, als parallel dazu auch die Vertretung des Unternehmers im Rechtsverkehr (namentlich seine Vertretung als Gesellschafter oder Aktionär an Generalversammlungen, als Verwaltungsrat, als Geschäftsführer) in einem Vorsorgeauftrag geregelt ist.

III. Vorsorgeauftrag

1. Rechtslage bei fehlendem Vorsorgeauftrag

Ist kein Vorsorgeauftrag vorhanden, sieht das Gesetz vor, dass bei einer Urteilsunfähigkeit die Erwachsenenschutzbehörde (KESB) tätig wird und einen Beistand für die betroffene Person einsetzt. Eine Ausnahme besteht, wenn die urteilsunfähige Person einen Ehegatten oder einen eingetragenen Partner hat und mit diesem einen gemeinsamen Haushalt führt oder von diesem regelmässig und persönlich Beistand erhält. In einem solchen Fall ist der Ehegatte oder der eingetragene Partner von Gesetzes wegen Vertreter der urteilsunfähigen Person. 

In diesem Fall ist nicht garantiert, dass der urteilsunfähige Unternehmer hinsichtlich des Fortbestands seiner Unternehmung in seinem Sinne vertreten wird.

2. Eigene Regelung mittels Vorsorgeauftrag

Wer selbst entscheiden will, wer ihn und wie diese Person ihn bei Urteilsunfähigkeit vertreten soll, muss dies in einem Vorsorgeauftrag regeln.

Im Vorsorgeauftrag kann nicht nur die (natürliche oder juristische) Person bestimmt werden, welche einem bei Urteilsunfähigkeit vertritt, sondern es kann auch deren Auftrag näher umschrieben werden. So kann namentlich geregelt werden, ob der Vertreter eine uneingeschränkte Vollmacht haben soll oder ob er bestimmte Vorgaben einhalten muss. Im Vorsorgeauftrag kann (soll) des Weiteren die Vermögensvorsorge geregelt werden nämlich wer und wie die laufenden finanziellen Verpflichtungen (Verwaltung der Einkünfte, Finanzierung des Lebensunterhalts usw.) des Urteilsunfähigen besorgt. Der Vorsorgeauftrag ermöglicht daher eine auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Regelung.

Ein Vorsorgeauftrag ist insbesondere für unverheiratete Unternehmer sinnvoll oder für jene, die nicht in einer eingetragenen Partnerschaft leben, also Alleinstehende oder im Konkubinat Lebende. Sinnvoll kann ein Vorsorgeauftrag aber auch bei einem verheirateten bzw. in einer eingetragenen Partnerschaft lebenden Unternehmer sein, z.B. wenn er den Ehepartner nicht zusätzlich belasten will oder dieser nicht in der Lage ist, seine geschäftlichen Angelegenheiten zu führen. In diesem Fall kann er einen anderen Vertreter bestellen.

Es sei zuletzt erwähnt, dass der Vorsorgeauftrag zu seiner Gültigkeit einer bestimmten Form bedarf: Wie beim Testament muss er entweder vollständig handschriftlich verfasst sein und/oder notariell beurkundet werden. Grosse Bedeutung kommt abschliessend der Aufbewahrung und der Zugänglichkeit des Vorsorgeauftrags zu: Ist dieser unauffindbar, nützt er herzlich wenig.

IV. Fazit

Jeder Unternehmer ist gewohnt, selbst zu entscheiden. Ein Vorsorgeauftrag bietet ihm die Möglichkeit, dies zu tun im Fall, dass er unfall- oder krankheitsbedingt urteilsunfähig wird. Ein Notfallplan und insbesondere ein Vorsorgeauftrag sind unerlässliche Bestandteile einer umfassenden Nachfolgeregelung.

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