Rechtsberatung & Risikomanagement
für Unternehmer, KMU und Startups

Veröffentlicht am 22. Januar 2021

Covid-Pandemie: Homeofficepflicht – FAQ für Arbeitgeber

modern office building interior. 3d rendering concept

Einleitung

Mit Verordnung vom 13. Januar 2021 [1] hat der Bundesrat zwecks Eindämmung des COVID-Virus die Homeoffice-Pflicht ab dem 18. Januar 2021 überall dort eingeführt, «wo es aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist». Die Arbeitgeber müssen «zu diesem Zweck die geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen» treffen.  

Das Homeoffice ist zum einen in vielen Branchen wenig verbreitet. Zum anderen ist es aus Praktikabilitätsgründen schlichtweg nicht möglich. Die Verordnung lässt darüber hinaus Interpretationsspielraum über die Frage, welche Aktivität mit verhältnismässigem Aufwand im Homeoffice ausgeführt werden kann. Sowohl für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer stellen sich daher einige Fragen zur Homeoffice-Pflicht.

Im folgenden Beitrag gebe ich ohne Anspruch auf Vollständigkeit und unter Vorbehalt der künftigen Rechtsprechung zu dieser Thematik den Arbeitgebern eine Antwort auf die aus meiner Sicht wichtigsten Fragen.

Q 1:   Muss der Arbeitgeber allen Mitarbeitenden Homeoffice anordnen oder ermöglichen?

Nein, dem Arbeitgeber trifft keine allgemeine, absolute Pflicht, Mitarbeitenden das Homeoffice anzuordnen oder zu ermöglichen.

Der Arbeitgeber ist jedoch Aufgrund der Covid-19-Verordnung besondere Lage[2] und Art. 27a Abs. 1 der Covid-19-Verordnung 3 [3] während der Dauer der besonderen Lage verpflichtet Homeoffice anzuordnen, soweit es nach der «Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist». Ist dies der Fall, muss der Arbeitgeber die geeigneten technischen und organisatorischen Massnahmen ergreifen. Das ist selbst der Fall, wenn im Arbeitsvertrag ein bestimmter Arbeitsort (in der Regel am Ort des Betriebs) vereinbart wurde.

Zusammenfassend besteht für Arbeitgeber unter den oben genannten Voraussetzungen die Pflicht zur Anordnung von Homeoffice. Demgegenüber besteht für Arbeitnehmer die Pflicht zur Befolgung der Weisung betreffend Homeoffice-Arbeit.

Q 2:   Für welche «Art der Tätigkeiten» besteht Homeoffice-Pflicht?

Wie in Q1 erwähnt, muss der Arbeitgeber Homeoffice anordnen, wo es die Art der Tätigkeit ermöglicht und mit verhältnismässigem Aufwand durchführbar ist.

Diese Formulierung eröffnet Interpretations- und Handlungsspielraum und es trifft den Arbeitgeber, diejenigen Tätigkeiten zu identifizieren, für welche Homeoffice ganz oder teilweise anzuordnen ist. Im Umkehrschluss sind von der ganzen oder teilweisen Homeoffice-Pflicht folgende (nicht abschliessend aufgeführte) Tätigkeiten ausgeschlossen:

  • Tätigkeiten mit notwendigem physischen Personenkontakt wie bspw. Schalter, Verkauf, allenfalls Kundengespräche, medizinische Leistungen und Personenkontrolle beim Empfang
  • Tätigkeiten, welche den Umgang mit physischen Unterlagen voraussetzen wie z.B. Prüfung und/oder Bearbeitung von Originaldokumenten, Scanning, Postdienst und Logistik
  • Tätigkeiten, welche den physischen Zugang zu Dokumenten, Einrichtungen, Geräten oder zu verarbeitenden Produkten aus Gründen der Sicherheit oder Geheimhaltung ausschliesslich im Betrieb ausgeführt werden können
  • Tätigkeiten, wofür ein direkter physischer Zugang zu Gebäuden, Einrichtungen, Geräten oder zu verarbeitenden Produkten im Betrieb oder vor Ort notwendig ist wie z.B. Bau, Wartung, Unterhalt und Reparatur und allenfalls deren Bewachung, Verarbeitung von Produkten (z.B. Catering)
  • Tätigkeiten, die IT-Systeme voraussetzen, welche aus technischen und/oder Sicherheitsgründen nur im Betrieb genutzt werden können oder dürfen wie z.B. bei gleichzeitiger Nutzung verschiedener Systeme, bei erhöhter Anforderung an die Sicherheit oder Systemstabilität oder Notwendigkeit spezifischer Hardware
  • Tätigkeiten, welche für die Aufrechterhaltung des Betriebs oder Teile davon oder eines Prozesses notwendig sind und deren Verlegung ins Homeoffice nur mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden wäre.
  • Bestimmte Tätigkeiten im Rahmen eines gesetzlichen Vorsorgeauftrags für die Bevölkerung (Banken, Blaulichtorganisationen, Trinkwasser- und Stromversorgung u.a.m.)

Q 3:   Unter welchen Voraussetzungen ist die Anordnung von Homeoffice «mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar»?

Der Begriff der Umsetzbarkeit mit verhältnismässigem Aufwand ist nicht definiert; es geht um die Zumutbarkeit der Umsetzung des Homeoffice, was wesensbedingt einen Interpretationsspielraum eröffnet.

Eine allgemeingültige Antwort kann daher nicht gegeben werden. Als Richtlinie dürfte jedoch der finanzielle, zeitliche, technische und organisatorische Aufwand gegenüber dem Nutzen bzw. Zweck der Massnahme gegenübergestellt werden. Während zum Beispiel das blosse Zurverfügungstellen eines Laptops und allenfalls eines Geschäftshandys die Ausführung der Tätigkeit im Homeoffice ermöglicht und somit ohne Weiteres zumutbar ist, sieht es anders aus, wenn der Arbeitgeber aus Sicherheitsgründen erhebliche Änderungen an der IT-Infrastruktur (Hard- und/oder Software) vornehmen muss, um überhaupt einem oder einer Minderheit von Mitarbeitenden die Arbeit von zu Hause aus erst zu ermöglichen.

Q 4:   Was gilt, wenn sich Arbeitnehmende weigern, Homeoffice zu machen?

Wenn die Bedingungen hinsichtlich Platzverhältnisse, familiäre Situation ein Arbeiten des Arbeitnehmers im Homeoffice zulassen, hat er die diesbezügliche Anordnung des Arbeitgebers zu befolgen. Eine Verweigerung kann mit einer Verwarnung oder gar einer Kündigung geahndet werden.

Wenn die familiäre Situation und/oder die Platzverhältnisse des Arbeitnehmers für ein Arbeiten zu Hause ungeeignet sind, ist im Gespräch nach einer alternativen Lösung zu suchen. Ist eine Alternative nicht möglich, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht unter Lohnfortzahlung befreien. Die Hürden, dass Homeoffice nicht zumutbar ist, sind jedoch hoch angesetzt.

Q 5:   Womit muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmenden für das Homeoffice ausstatten?

Der Arbeitgeber hat unter Vorbehalt einer anderslautenden Vereinbarung die Obliegenheit, dem Arbeitnehmer die für die angeordnete Homeoffice-Arbeit notwendigen Geräte und Materialien (z.B. Laptop, Drucker, Druckerpatronen, Papier) auf seine Kosten zur Verfügung zu stellen.

Stellt der Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber solche Geräte und Materialien selbst zur Verfügung, hat er unter Vorbehalt einer anderslautenden Vereinbarung Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Mehr zur Kostentragung und zum Auslagenersatz in Q 6.

Q 6:   Welche Auslagen muss der Arbeitgeber den zu Homeoffice verpflichteten Arbeitnehmenden ersetzen?

Art. 10 Abs. 3 der Covid-19-Verordnung besondere Lage und Art. 27a Abs. 1 der Covid-19-Verordnung 3 schreiben vor, dass den Arbeitnehmenden für die gestützt auf diese Bestimmungen angeordnete Homeoffice-Arbeit keine Auslagenentschädigungen geschuldet sind.

Es muss bei der Kostentragung zwischen Arbeitsgeräten und Material einerseits und sonstigen Auslagen unterschieden werden:

  • Kosten für Arbeitsgeräte und Material, die den Arbeitnehmenden während der angeordneten Homeoffice-Arbeit entstehen, wären ohnehin auch im Betrieb entstanden. Diese Kosten (namentlich für Papier, Druckerpatronen u.a.m.) muss der Arbeitgeber ersetzen.
  • Nicht entschädigungspflichtig im Sinne der genannten Verordnungen sind demgegenüber Auslagen für Stromkosten und (Beiträge an der) Miete, die den zu Homeoffice verpflichteten Arbeitnehmenden entstehend – dies allerdings nur solange, als die Bestimmungen der oben genannten Verordnungen in Kraft sind.

Q 7:   Was gilt hinsichtlich arbeitsrechtlicher Pflichten der Angestellten im angeordneten Homeoffice?

Sämtliche vertragliche Pflichten und insbesondere Sorgfalts- und Geheimhaltungspflichten sowie der Datenschutz gelten unbeschränkt weiter. Arbeitnehmende im Homeoffice haben darüber hinaus nach wie vor die Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen.

Der Arbeitgeber muss demgegenüber sicherstellen, dass diese gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben eingehalten werden können.

Q 8:   Welche Pflichten trifft den Arbeitgeber bezüglich Gesundheitsschutzes der Angestellten im Homeoffice?

Sämtliche auch im Normalbetrieb geltenden Pflichten zum Schutz der Gesundheit gelten uneingeschränkt weiter. Dazu gehört auch die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitsgesetzes (siehe dazu auch Q 9). Der Arbeitgeber hat dementsprechend die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) betreffend die Erfüllung von Arbeitsverpflichtungen im Homeoffice (Broschüre «Arbeiten Zu Hause – Homeoffice» zu finden unter www.seco.admin.ch/seco/de/home/Arbeit/Arbeitsbedingungen/Arbeitnehmerschutz/covid-19/homeoffice_covid19.html) zu beachten.

Q 9:   Besteht eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung der Arbeitnehmenden im Homeoffice?

Ja, soweit es sich nicht um:

  • Arbeitnehmende gemäss Art. 8 ff ArGV 1 [4](wer eine höhere leitende oder eine wissenschaftliche Tätigkeit ausübt, selbständige künstlerische Tätigkeit sowie Erzieher und Fürsorger) handelt;
  • Arbeitnehmende handelt, welche gemäss Art 73a ArGV 1 auf die Zeiterfassung verzichtet haben. Das sind solche, welche a) bei ihrer Arbeit über eine grosse Autonomie verfügen und ihre Arbeitszeiten mehrheitlich selber festsetzen können, b) über ein Bruttojahreseinkommen, einschliesslich Boni, von mehr als 120 000 Franken verfügen, wobei sich dieser Betrag bei Teilzeitanstellung anteilsmässig reduziert und c) schriftlich individuell vereinbart haben, dass sie auf die Arbeitszeiterfassung verzichten.

Die Arbeitszeitkontrolle dient sowohl dem Schutz der Gesundheit als auch der Kontrolle, ob die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit erfüllt wird. Diese ist auch im Homeoffice korrekt vorzunehmen.

Q 10: Wie kann der Arbeitgeber die Einhaltung der Arbeitszeit kontrollieren?

Mittels elektronischer Zeiterfassungssysteme (z.B. beim Einloggen, elektronische Arbeitstagebücher) oder physischer bzw. schriftlicher Erfassung auf Zeiterfassungsformularen, die der Arbeitnehmer in regelmässigen Abständen dem Arbeitgeber bspw. per E-Mail zustellt. 

Q 11: Darf der Arbeitgeber Mitarbeitende im Homeoffice überwachen?

Nein, Arbeitgeber dürfen ihre Angestellten grundsätzlich nicht überwachen. Insbesondere unzulässig ist die personenbezogene und dauernde Überwachung des Verhaltens von Mitarbeitenden mit Überwachungs- oder Kontrollsystemen, die es ermöglichen einzelne oder mehrere Tätigkeiten oder Verhaltensweisen zu erfassen. Auch im Homeoffice gelten die üblichen Grundsätze des Datenschutzes.

Q 12: Kontrollieren die Behörden die Einhaltung der Homeoffice-Pflicht?

Die kantonalen Behörden sind ermächtigt, Kontrollen durchzuführen. Diese können vom Arbeitgeber verlangen, dass er die von ihm durchgeführte Prüfung der Situation vorlegt und in den Fällen, in denen Homeoffice nicht eingeführt wurde, Erklärungen abgibt (Art. 11 Covid-19-Verordnung besondere Lage).

Q 13: Wie wird die Homeoffice-Pflicht rechtlich durchgesetzt und welche sind die Konsequenzen bei Verstoss?

Die genannten Verordnungen sehen keine Bussen für Arbeitgeber vor, welche diese Pflicht nicht erfüllen. Demgegenüber besteht die Möglichkeit, Arbeitgeber, die sich weigern, strafrechtlich (Art. 59 – 61 ArG [5]) im ArG vorgesehenen ordentlichen Verfahren zu belangen (Art. 50 ff ArG).

Bei weiteren Fragen stehen Ihnen ich und mein Team gerne zur Verfügung.

[1] Verordnung 3 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) vom 19.06.2020, SR 818.101.24.
[2] Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19.06.2020, SR 818.101.26.
[3] Siehe Fn. 1.
[4] Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz vom 10.05.2000, SR 822.111.
[5] Bundesgesetz über die Arbeit, in Industrie, Gewerbe und Handel vom 13.03.196, SR 822.11.

© Thommen Law & Risk Management GmbH | Impressum | Datenschutzerklärung